Bessere Mobilität Statt Weniger Lebensqualität 

Eine Südspange ist alternativlos angesichts der Verkehrsprognosen? Weit gefehlt. Gerade auch die bizarre Situation am Theodor-Heuss-Ring mit Dauerlärm, Luftsaugern und Slalom-Radweg zeigt, dass etwas ganz anderes alternativlos ist: Weniger Autos!

Und angesichts der Herausforderung des Klimawandels heißt es selbst im beschlossenen Masterplan Mobilität (Kurzfassung, 3MB, pdf) der KielRegion: "Um die Ziele zur CO2-Reduktion erreichen zu können, ist [...] eine Verringerung der Verkehrsleistung im Kfz-Verkehr erforderlich [...] Die Landeshauptstadt Kiel sollte [bis 2035] einen Rückgang der Fahrleistung von etwa 40 % aufweisen" .

Weniger Autos heißt nicht weniger Mobilität. Sondern vor allem bessere Mobilität und mehr Lebensqualität. Auch für diejenigen, die auf das Auto angewiesen bleiben werden.

Die Stadt Kiel hat 2010 eine Studie mit 250.000 Euro Kosten in Auftrag gegeben, um vier mögliche Varianten der Anbindung der A21 an Kiel zu prüfen. Zwei dieser sogenannten "Planfälle" verzichten dabei auf eine Südspange. Das Ergebnis der Untersuchung liegt seit März 2016 vor und ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Denn die Gutachter geben in der Gesamtschau keiner Variante den Vorzug. Oder von der anderen Seite interpretiert: Die Südspange ist genau so schlecht wie die anderen untersuchten Alternativen.

Kiels öffentlicher Nahverkehr ist nicht gut genug. Man sieht das jeden Tag am Theodor-Heuss-Ring oder am Holsteinkreisel. Und auch die Zahlen sagen das: Mit nur 10% Anteil am Gesamtverkehr ist Kiel bundesweit so ziemlich Schlusslicht, was den ÖPNV in vergleichbaren Städten angeht. Lübeck (8%) nicht eingerechnet. Höchste Zeit, das zu ändern und dabei auf das bewährteste Mittel zu setzen: Kiel braucht eine Tram - und zwar lieber heute als morgen!

40% Reduktion der Kfz-Fahrleistung bis 2035 innerhalb Kiels gegenüber 2015 wie im Masterplan Mobilität vorgesehen? Dass bereits 2020 kurzzeitig dieses Plus an Lebensqualität in Kiel erreicht wurde, lag nicht an einer ambitionierten Stadtpolitik. Sondern an Corona. Aber die Konsequenzen weisen über den Moment hinaus.

Fahrräder in Malmoe

Es ist manchmal ganz lehrreich, ein dummer Tourist zu sein.

So passiert es einem deutschen Fußgänger in Städten wie Kopenhagen oder dem niederländischen Groningen gerne, dass er Pedalisten vor den Lenker läuft, weil sich der vermeintliche breite Fußweg als Radschnellweg entpuppt.

Güterzug vom Ostuferhafen. Nähe B404

Kieler Erfolgsgeschichten gibt es derzeit nicht nur im Fußball, sondern auch auf der Schiene. Das Schöne ist, dass nicht nur beim Fußball noch Luft nach oben ist. Zu den Hauptargumenten der Südspangen-Befürworter gehört, dass für den steigenden Güterverkehr zum Ostuferhafen eine leistungsfähigere Straßenanbindung nötig sei. Ist das so?

Dicke Luft in den Städten, drohende Fahrverbote, Klimaschutz. E-Autos als Alternative zum Verbrennungsmotor sind in aller Munde. Doch die wirkliche Revolution, die das kommende Jahrzehnt bringt, hat weniger mit der Antriebsart von Autos zu tun, sondern wer am Steuer sitzt: Niemand.
Steuerrad und Pedale fallen weg.